Neigen Sie dazu sich als Opfer zu fühlen?

adminLeadership, Team

Sind in Ihrem Leben immer Ihre Mitmenschen schuld, wenn etwas nicht klappt? Oder die Umstände? Sehen Sie sich häufig in der Rolle des «Losers», dem alles etwas schwerer fällt? Was tun Sie dagegen?

Begeben Sie sich in eine Opferhaltung, entziehen Sie sich aus der Selbstverantwortung. Dies ist für eine beträchtliche Anzahl Menschen eine harte Lehre. Es sind nicht die Umstände dafür verantwortlich, dass Ihr Chef ist, wie er ist, und Sie unter ihm leiden. Es sind nicht Ihre Mitmenschen, die Ihnen das Leben schwer machen. Es sind nicht Ihre Kollegen schuld an Ihren Gefühlen. Obschon es doch so viel einfacher wäre, mit dem Finger auf andere zu zeigen: Es sind Ihre Lebensumstände, Ihre Kollegen, und es ist Ihr Chef. Sie haben sich selber in genau diese Lebenssituation hineinmanövriert. Ist es nicht so, dass Sie Ihre Ehefrau, Ihren Ehemann, der oder die Ihnen jetzt das Leben scheinbar zur Hölle macht, selbst gewählt haben? Auch wenn die Ehe, wie in einigen Ländern üblich, arrangiert wurde, es ist oft trotzdem Ihre Entscheidung bei Ihnen zu bleiben. Sie ziehen das Leiden unbewusst oder bewusst dem Leben vor. Das ist hart. Noch härter ist die Aussage: Ein Opfer findet immer seinen Täter. Ist das so? Mit Ausnahme von Kindern fast immer. Es hat mit der Haltung des Opfers zu tun. Im wahrsten Sinn des Wortes. Unser Text behandelt das Thema Opferhaltung. Stehen Sie kurz auf, und bringen Sie Ihren Körper in eine Opferhaltung. Lassen Sie den Kopf hängen. Ziehen Sie Ihre Schultern nach vorne als würden Sie Ihre Ohren schützen. Ihr Blick wird unstet. Ihre Schritte, wenn Sie sich bewegen, werden zaghaft und tapsig. Ihr Körper spricht eine vollkommen andere Sprache, als wenn Sie selbstsicher und aufrecht sind. Diese Körpersprache teilt sich Ihrer Umgebung mit. Fast so, wie wenn Sie ein Schild mit sich herumtragen würden, auf dem steht: «Ich bin ein Opfer». Deshalb macht es Sinn, dass Menschen mit einer solchen Verhaltensweise nicht zuerst zum Coach oder zum Psychotherapeuten rennen, sondern ein Kampfsporttraining besuchen. Nicht wegen des Kämpfen Könnens, sondern wegen der aufrechten Körperhaltung, die sie dort lernen. Im Karate, im Boxen, im Aikido stehen Mann und Frau in der Grundhaltung gerade da. Beide Füsse sind stark mit dem Boden verwurzelt, Kraft strömt durch sie, und die Schultern sind kräftig und gerade und nicht hängend. Kommen Sie körperlich aus der Opferhaltung heraus wird Ihnen das Gefühl, Ihre Psyche und der Geist folgen. Aber eben, das ist anstrengend und es bringt ja sowieso nichts, und es war schon immer so, und Sie haben die Kraft dazu eh nicht. Alles Ausreden. Denn es sind nie die Umstände an Ihrer schlechten Laune schuld. Es ist ja Ihre ureigene, persönliche schlechte Laune. Es sind nicht die Vorgesetzten, die Ihnen das Leben schwermachen. Sie haben den Zugang zu Ihnen nicht gefunden oder sind wider besseres Wissen in einer Arbeitssituation geblieben, die hoffnungslos ist. Es ist nicht einfach Ihr Ehemann, der Sie betrügt. Sie lassen es zu und sind trotzdem noch bei ihm. Es sind nicht die Kollegen, die immer die besseren Jobs kriegen. Aber solange Sie Opfersein verkörpern, sind Sie einfach für bessere Aufgaben und Arbeiten nicht attraktiv genug.

Dies ist ein sogenannter Teufelskreis, eine sich selbst erfüllende Prophezeiungen. Opfer nutzen sogar Ihr Umfeld dazu, in diesem Hamsterrad gefangen zu bleiben:

Etwas gelingt Ihnen nicht.

  • Sie suchen einen Schuldigen dafür und machen ihn für Ihr Nichtgelingen verantwortlich. Sie suchen und finden einen Sündenbock. Sie sagen zum Beispiel: «Du hast mir nicht gesagt, dass…»
  • Jetzt können Sie, weil Sie sich unschuldig fühlen, eine Opferhaltung einnehmen. Sie beginnen sogar, ein Opferlied darüber zu singen, was Ihnen Schlechtes widerfahren ist.
  • Sicher finden Sie verständnisvolle Zuhörer. Diese bestätigen Ihren Opferstatus, Sie erteilen Ihnen die Absolution
  • Weil jemand anders die Schuld trägt, ist es ihnen nicht möglich, für Ihr Verhalten einzustehen und aus gemachten Fehlern zu lernen. Sie glauben sich selbst, dass Ihnen anfänglich etwas nicht geglückt ist, weil das Verhalten der anderen schuld daran ist, dass Ihnen etwas nicht geglückt ist.
  • Weil Sie die Selbstverantwortung von sich gewiesen haben und sich als Opfer darstellen, wird sich der Fehler früher oder später wiederholen. Sie haben ja nichts aus der Sache gelernt
  • Jetzt gehen Sie an den Anfang zurück. Alles wird sich so oder ähnlich wiederholen.

Schuldzuweiser sind Ausredenkünstler. Ihnen behagt die selbst gewählte Opferrolle. Sie fühlt sich für sie ganz selbstverständlich und natürlich an. Sätze wie «Ich hätte es geschafft, wenn…» oder «Weil ich diese Information nicht hatte, ist…», «Wenn ich einen besseren Tag gehabt hätte, dann…» oder «Wenn wir am Vorabend nicht so gestritten hätten…» kommen ihnen selbstverständlich über die Lippen. Kein Wunder, dass diese Menschen mit der Zeit von ihrer Umgebung gemieden werden. Die Kollegen gehen auf Distanz, was dem Opferlied gleich eine neue Strophe hinzufügt: «Niemand mag mich…».

Weshalb kommt die Opferrolle so häufig vor? Das Immer-die-Schuld-von-sich-Weisen, hat seinen Ursprung in der Vergangenheit, in der eigenen Geschichte. Vielleicht hat auch Ihr Vater oder Ihre Mutter dieses Lied bereits gesungen und Sie singen es einfach weiter und ergänzen es mit Ihrer eigenen Melodie. Jetzt sagen Sie: «Aber das ist doch nicht meine Schuld». Mag sein bis genau jetzt. Denn nun haben Sie die Möglichkeit, Ihren Opferstatus hinter sich zu lassen. Übernehmen Sie die Führung in Ihrem eigenen Leben. Das ist Leadership. Verlassen Sie Ihre Bequemlichkeit. Hören Sie sofort auf, Mitleid zu erregen. Sie sind nicht besser als alle anderen, auch Sie machen Fehler. Bauen Sie sich Ihr Selbstwertgefühl nicht auf, indem Sie sich negativ bestätigen lassen. Dieser Punkt ist eine harte Nuss. Man kann sich nämlich seinen Selbstwert auch darüber aufbauen, dass man wenigstens Aufmerksamkeit erhält. Negative Aufmerksamkeit ist so gesehen immer noch besser als gar keine. Realisieren Sie, dass Gefühle wie Angst, Wut und Frustration Ihre eigenen Gefühle sind. Es sind nicht die anderen an Ihren Gefühlen schuld. Die haben diese nur scheinbar ausgelöst.

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